Ein großes Fest für Freunde
50 Jahre Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe Karlsruhe e.V.
Im Stephansaal Karlsruhe konnte der Freundeskreis Karlsruhe sein 50-jähriges Bestehen in einem festlichen und bunten Rahmen begehen. Nicht nur Freunde aus Nah und Fern waren geladen, sondern auch zahlreiche Ehrengäste, die der 1. Vorsitzende des Freundeskreises, Dieter Engel, zu Beginn der Veranstaltung begrüßen durfte. Vertreten waren u. a. eine Bürgermeisterin der Stadt Karlsruhe, Drogen- und Präventionsbeauftragte der Stadt Karlsruhe, eine Suchtbeauftragte des Landkreises Karlsruhe, Mitglieder der Stadtratsfraktionen Karlsruhe von den Grünen, der SPD und den Linken, ferner Direktoren, Geschäftsführer und Leitende Mitarbeiter der AOK Mittlerer Oberrhein, der Psychiatrischen Klinik im Städtischen Klinikum, den Kraichtal-Kliniken, der Reha Klinik Freiolsheim, des Fischerhauses, der Diakonischen Suchthilfe Mittelbaden, des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sowie den Fachstellen Sucht des Diakonischen Werkes Baden und des BWLV Karlsruhe und Rastatt. Mitglieder aus folgenden Freundeskreisen und sonstigen Selbsthilfegruppen nahmen an dem Fest teil: Freundeskreis „Die Lotsen“ Mannheim, Freundeskreis „Nova Vita“, Mannheim, Freundeskreis „LoS“, Murgtal, Freundeskreis Karlsruhe-West, Freundeskreis Freiburg, Freundeskreis Achern, Blau-Kreuz Gruppe Sinsheim, Eldrost und Malosinka.
Ansprachen bzw. Fachbeiträge hielten Frau Lisbach , Bürgermeisterin der Stadt Karlsruhe, Harald Röcker, Geschäftsführer der AOK Mittlerer Oberrhein, Prof. Dr. Michael Berner, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin im Städtischen Klinikum Karlsruhe. Alle drei schilderten zunächst ihr spezifisches Engagement in der Suchtkrankenhilfe, sprachen von der guten Vernetzung der einzelnen Institutionen untereinander und betonten die Wichtigkeit der Selbsthilfe innerhalb dieses Netzwerkes. Und natürlich zollten sie auch höchstes Lob dem Karlsruher Freundeskreis sowohl für sein vielseitiges ehrenamtliches Engagement bei der Hilfe für Betroffene und Angehörige beinahe aller Suchtformen, als auch für die Mitwirkung in den Suchthilfenetzwerken der Stadt und des Landkreises Karlsruhe, beim Städtischen Klinikum, der Diakonischen Suchtberatung und verschiedenen Therapieeinrichtungen. Herr Röcker hob u.a. die finanzielle Unterstützung der Suchtselbsthilfe, sowohl bei Pauschal- als auch der Projektförderung durch die AOK hervor und versprach, dass dies auch in Zukunft so bleiben würde. Herr Prof. Berner legte einen Schwerpunkt seiner Rede auf die Wichtigkeit von fortdauernden Gesprächen bei der Überwindung von negativen Gefühlen, die einen großen Schatten auf von der Suchtkrankheit Betroffene und deren Angehörige werfen. Solche Gespräche seien vor allem in der Selbsthilfe gegeben.
Letzter Redner war Lutz Stahl, der 1. Vorsitzende des Landesverbandes der Freundeskreise in Baden (und nebenbei auch noch Stellvertretender Vorsitzender des Freundeskreises Karlsruhe). Er sprach davon, dass der Freundeskreis Karlsruhe mit 160 Mitgliedern und 8 Gruppen der größte Freundeskreis in Baden, ja sogar evtl. der größte Freundeskreis im ganzen Bundesgebiet sei. Diese Größe sei von außen oft auch kritisch kommentiert worden, da man allein durch die Verwaltung einer so hohen Mitgliederzahl und eines eigenen „Etablissements“ einen zu hohen Verbrauch an Ressourcen vermutete. Lutz Stahl konnte anhand einiger Beispiele das Gegenteil nachweisen. Ohne die hohe Zahl an Mitgliedern und Gruppenbesuchern, verbunden mit einer ebenfalls hohen Zahl an ausgebildeten Gruppenleitern, wäre eine Öffnung für andere Suchtformen wie Medikamenten- und Drogenabhängigkeit, Spiel-, Medien- Internet- und Sexsucht sowie Essstörungen oder die Einrichtung einer Informationsgruppe in ausgeprägter Form nicht möglich gewesen.
Im Anschluss an seine Rede wurde Lutz Stahl, für ihn selbst überraschend, durch die Suchtreferentin des Diakonischen Werkes Baden, Frau Martina Thrän, mit dem Goldenen Ehrenkreuz der Diakonie und durch Ludwig Engels, stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes Baden der Freundeskreise im Auftrag des Bundesverbandes mit der Goldenen Ehrennadel der Freundekreise ausgezeichnet.
Zum Ende des offiziellen Festaktes, der musikalisch durch Semjon Lozanovski (1. Preisträger Jugend musiziert 2015) am Flügel begleitet wurde, sprach Pfarrer Keller von der Evang. Stadtkirche dem Freundeskreis Segenswünsche aus. Er berichtete davon, dass er in seinem Amt oft Menschen begegne, die mit Mut, Selbstvertrauen und Zuversicht in schier auswegloser Situation, wie einst David gegen Goliath, gegen große Schwierigkeiten kämpften. Und so fänden auch die Teilnehmer an den Freundeskreisgruppen durch die Unterstützung und Anteilnahme, die sie dort erfahren, zurück zum eigenen Selbstvertrauen und fassten mit neu gewonnener Zuversicht den Mut, gegen den Goliath ihrer Suchterkrankung anzugehen. Als sichtbares Zeichen wurde dem Freundeskreis von Pfarrer Keller eine limitierte Davidfigur aus der Majolika Manufaktur als Geschenk überreicht.
Nach einem ausgezeichneten warmen Buffet mit großer und schmackhafter Auswahl begann nun der bunte Teil der Festveranstaltung mit einem zum großen Teil in Selbsthilfe erstelltem Programm, das die 50 Jahre des Bestehens des Freundeskreises symbolisieren sollte. Miriam Mayr, Schauspielerin, Mitglied des Clown Duos Momo und Lelo und Angehörige eines Freundeskreis-Mitglieds, führte durch das Programm. Den ersten Auftritt, welcher die 70er Jahre repräsentierte, bestritten zwei Frauen und zwei Männer aus dem Freundeskreis Nova Vita und dem Landesverband, in Person unseres Sekretärs, mit einer köstlichen Playback Nummer zu der Musik und in den irrwitzigen Kostümen der Gruppe Abba. Begeistert klatschte das Publikum im Rhythmus der Titel „Waterloo“, „Mamma Mia“ und „Super Trouper“. Für die 80er Jahre führte eine gemischte Truppe aus Karlsruhe und Nova Vita ein Aerobic-Schautanz mit flottem Rhythmus auf. Choreographie und Präzision in der Synchronisation rissen das Publikum förmlich mit. Jutta Nau vom Freundeskreis Karlsruhe trug ein eigenes Gedicht über die 90er Jahre vor. Erstaunlich, was ihr zu diesem bewegten Jahrzehnt so alles eingefallen war. Miriam Mayr steuerte einen weiteren Beitrag zu den 90ern bei. Für ihren Partner im Clown-Duo und Lebensgefährten, der aus Chile stammt und erst seit 5 Jahren in Deutschland ist, übersetzte sie das Lied „99 Luftballons“ von Nena in eine clownesk-pantomimische Gebärdensprache. Das war schon keine Selbsthilfe mehr, das war professionell! Ebenso professionell der Auftritt von Claudia Olma, Schauspielerin, Puppenspielerin und Mitglied des Freundeskreises Karlsruhe. Im täuschend echten Kostüm der Amy Winehouse trug sie deren Song „Rehab“ sozusagen über eine lebensgroße Puppe eines Krokodils vor. Sie sang live - und mit was für einer Röhre! Begleitet wurde sie auf der Gitarre von ihrem Ehemann Werner. Tobender Applaus war der Dank für diese außergewöhnliche Darbietung. Die Jetztzeit repräsentierten Inge und Marvin vom Freundeskreis Karlsruhe mit einem Sketch, der so richtig in unsere heutige Zeit passte. Eine ältere Dame bringt ihre 30 Jahre alte Schreibmaschine in einen Computerladen zum Reparieren. Zwischen dem jungen Verkäufer, der noch nie so ein Teil gesehen hat und der Dame, die von Computern nichts weiß und auch nichts wissen will, entspinnt sich ein skurriler Dialog mit vielen lustigen Gags und einer überraschenden Schlusspointe.
Das bunte Festprogramm wurde musikalisch umrahmt vom Duo Harmony aus Germersheim, das natürlich auch zum Tanz aufspielte. Schon erstaunlich, welcher Sound mit nur einem Instrument, einer elektronischen Orgel, einer weiblichen und einer männlichen Stimme herauszuholen ist. Je länger der Abend andauerte desto mehr steigerte sich die Band in ihrer Spielfreude und das Publikum dankte es mit Applaus nach jeder Nummer und einer immer stärker frequentierten Tanzfläche. Noch lange nach dem letzten Programmpunkt sorgten Band und Tänzer/Innen für einen fröhlichen Ausklang dieses gelungenen Festes für Freunde.
Uwe Aisenpreis
Videos der Aufführungen
ABBA
Aerobic
Gedicht
Neunundneunzig Luftballons
Amy Winehouse
Die Schreibmaschin'